Autor: Italo Bacigalupo – ehem. Pfarrer in Gutenstetten und Reinhardshofen

Die Herrschaft

Reinhardshofen ist ohne Zweifel ein altbesiedelter Ort; doch es bleibt Spekulation, seinen nachbronzezeitlichen Ursprung schon um 741 anzunehmen. Im vorreformatorischen Bistum von Würzburg besagt es wenig für die Datierung, wenn eine Kirche den hl. Kilian zum Patron hat. Beinahe zu greifen ist Reinhardshofen erstmals im Jahre 1280, als Graf Ludwig von Oettingen seine Burg in Dahspach mit allen Rechten, Leuten und genannten wie ungenannten Zugehörungen an seinen Schwiegervater, den Burggrafen Friedrich III. von Nürnberg, und dessen Gemahlin Helena verpfändet.

1375 ist Dachsbach fest in hohenzollerischem Besitz als „unser hat Haus, Amt und Gericht". Burggraf Friedrich V. versetzt es nun seinerseits an den Grafen von Castell, 1379 an das Hochstift Bamberg, 1399 verpfänden es die Burggrafen an die v. Seckendorff zu Trautskirchen, und am 22. Mai 1400 kommt die Veste Dachsbach mit dem Amt leibgedingsweise erneut in andere adlige Hände. Dabei werden erfreulicherweise erstmals die Zugehörungen genau aufgezählt, darunter „Parys, Reichertshofen und zu Vorst die Mühle und for< alles Reutgeld, das in dasselbe Amt gehört,... und alle kleine und große Zehende, wie die Namen mügen gehaben..."
Dieser Zustand hielt auch 1416 noch an. Was die Zehnten betrifft, besaß das von den Burggrafen um das Jahr 1275 gestiftete Zisterzienserinnenkloster Birkenfeld - wahrscheinlich aus landesherrlicher Zuwendung - den halben Heuzehnten zu Rinhartzhofen; denn das Kloster verlehnte ihn 1398 an einen Reinhardshöfer Einwohner in das Gut, das dieser vom Kloster schon länger inne hatte.

 

 

Der Kleine Zehnt auf zu Reinhardshofen mit seiner Zu- und Eingehörung war ebenfalls herrschaftlich, 1421 an Wilhelm v. Abenberg d. J. und bereits 1466 an die v. Crailsheim zu Mainsondheim zu Mannlehen verliehen, die ihn noch 1804 in Familienbesitz hatten. Zu den Nutzungen des Schlosses und Amtes Dachsbach gehörte in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts auch der Reusenzehnt zu Reinhardshofen. Es muß demnach in der Nähe eine Reihe von Weihern gegeben haben. Auch drei Vogelherde, die 1539 im Reinhardshöfer Flurbereich genannt werden, brachten der Herrschaft Einnahmen.

Aus der Sicht der Entwicklung des herrschaftlichen Grundbesitzes in Reinhardshofen muß angenommen werden, daß das Dorf erst seit der Übernahme der Burg Dachsbach durch die Hohenzollern 1280 einen kräftigeren Aufschwung genommen hat. Reinhardshofen wird erstmals überhaupt im Urbar des Burggrafentums Nürnberg unterhalb des Gebirges aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts beim Amt Dachsbach genannt. Der Burggraf hat hier 53/4 Hu- wE ben, 11/2 Lehen, 3 Hofstätten, sowie fast 16 Morgen Äcker, die sämtlich erst gerodet worden sind, sog. Reutäcker.
Nicht einmal 100 Jahre später, im entsprechenden Urbar aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts, werden Nutzung, Rente und Zinse des Schlosses und Amtes Dachsbach bei Rinhartzhoffen wie folgt angegeben: 8 Güter mit insgesamt 1453/a Morgen Äkker und 251/4 Tagwerk Wiesen, l Hofstatt, 2 Häuser mit Stadeln. Die Burggrafen hatten fleißig roden lassen und auf diese Weise das Zinsaufkommen vermehrt.
Die Bezeichnung „Reutäcker" kommt nun nicht mehr vor. Aber sechs Bauern, von denen nur zwei auch Gutsinhaber sind, müssen wie in einem Nachklang auf die Ausbauperiode „Reutgeld" auf Martini bezahlen. Und „welcher es auf denselben Tag nicht zahlt, der hat seine Äcker verloren." Dem Burggrafen gehörte auch das Holz hinter Reinhardshofen, Stengach genannt. In Reinhardshofen gab es nach einem markgräflichen Lehensbrief von 1516 für Hans v. Seckendorff zu Oberhöchstädt ferner mindestens zwei Weingärten, die ein gewisser Veit Simon innehatte bei einem Jahreszins von zwei Fastnachthennen und 2 Pfund Geld. Sie bestanden noch 1548.

Die Frühmess

Reinhardshofen ist mindestens seit dem Anfang des 15. Jahrhunderts ein Kirchdorf, obwohl seine Einwohnerschaft stets nur zwischen 150 und 260 Personen zählte in ungefähr 30 bis 40 Häusern; 1574 hatte das Dorf 32 „Herdstätten". Am Anfang unseres Wissens von einer Rein­hardshöfer Kirchengemeinde steht eine Meßstiftung, die indessen nach ihrer Genehmigung durch Burggraf Johann III. nicht ganz so schnell in die Tat umgesetzt werden konnte, wie man sich das gewünscht haben mochte. Am 5. Oktober 1416 bestätigt der Burggraf, daß seine Un­tertanen zu Reinhardshofen mit der Bitte vor ihn getreten seien, ihnen zu gewähren, daß sie nach Herrn Conrads, Pfarrers zu Diespeck, Tod eine ewige Messe in der Kapelle ihres Dorfes stiften dürften, „mit ander frommer Leute Hilfe, die ihr Almosen und Gabe dar zu senden und geben werden". Ins besondere damit der Gottesdienst gemehrt werde, wird den„Armenleuten von Rinharczhofen" dies „gegunnet,...darzu wir auch dann hilflich sein wollen, daß die Ewig­messe desto löblicher aufkomme und gestiftet werde". Allerdings behält sich der Burggraf das Besetzungsrecht für die neue Pfründe vor. Da nun Reinhardshofen in der ältesten, um 1464/65 zusammengestellten Würzburger Pfründenübersicht im Landkapitel Schlüsselfeld nicht auf­geführt ist, kann sich die Frühmesse Reinhardshofen erst nach diesem Zeitpunkt konstituiert haben. Für das Jahr 1481 ist ihr Bestehen belegt: Die Pfründe zu Reynershofen hat einen jährli­chen Ertrag von 16 Gulden; der Frühmesser, der den St. Kiliansaltar hat, ist auf 2 Gulden zur einmalig vom Kurfürsten Markgraf Albrecht Achilles eingeforderten „Pfaffensteuer" ange­schlagen. Einen Hinweis auf die mit einer gewissen Verzögerung wohl tatsächlich erfolgte kräftige Nachhilfe der Herrschaft bei der Dotierung der Pfründe - der Voraussetzung für die er­forderliche bischöfliche Bestätigung der Frühmeßstiftung - wird man darin erblicken dürfen, daß die Frühmesse eine halbe Hube sowie zwei Untertanen in Reinhardshofen, vier Unterta­nen in Schornweisach, einen Lehensmann in Rockenbach und einen in Oberwinterbach be­saß und damit ein Stück weit die in dieser Gegend überwiegende brandenburgische Grund­herrschaft widerspiegelte. Die ursprüngliche Widmung der vier Lehengüter zu Schornweisach, von denen eines „ein Bräustatt und Wirthshauß" gewesen ist, wird sich allerdings nicht auf die Reinhardshöfer Frühmesse bezogen haben.

Der Frühmesser wohnte, jedenfalls anfangs, im „Pfründhäuslein"; später hielt er es stets ver­mietet, bis es um 1574 schon als abgeschrieben galt hatte nur noch die „bloße Hofreit, oh­ne Haus und Stadel, und darbei ein Grasgärtlein" zu genießen - und 1586/87 endlich abgebro­chen und dem Erdboden gleichgemacht wurde, so daß um 1643 „vorlängst kein Stück mehr daran vorhanden" und nicht ein Stein mehrzu sehen war, sondern nur noch ebenjenes „Gras­gärtlein". Aus dem Lehenbuch von 1720 erhalten wir einen Hinweis für die Örtlichkeit: Das eine der beiden Pfarrlehengüter zu Reinhardshofen, das zuletzt im Dorf lag, wenn man nach Ger­hardshofen ging, und Haus und Scheune hatte, „stößt herwärts auf Gutenstetten an den Pfarr­Grasgarten". Um 1643 wird das Grasgärtlein als „unter dem Brunnhäuslein" liegend beschrie­ben, um 1720 „stehen oben Zwetschgenbäume und ein großer Birnbaum", 1790 könnte hier „die Pfarr das 33. Haus in Reinhardshofen zwischen Krug und Michael Lunz sen. aufbauen", weil sie an diesem Platz „das ganze Bauern-Recht genießt". Besonders aus der letzten Anga­be geht eindeutig hervor, daß das Pfründhäuslein auf dem erst in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit einem Wohnstallhaus bebauten Grundstück Untere Dorfstraße 20 gestan­den haben muß.

Auch von den Frühmessern selbst haben sich einige Spuren erhalten. Diese waren in Perso­nalunion Schloßkapläne zu Dachsbach und versahen auch die Freitagsmesse in der alten St. Martinskapelle zu Schornweisach, welch letztere mindestens schon seit der Zeit um 1392 be­stand. Im Jahr 1481 wird zur Finanzierung von Kriegsfuhrwerken und Pferden durch eine auf al­le Pfarrer und Benefiziaten gelegte Umlage an „Reißgelt" - neben der „Pfaffensteuer" schon der zweite Griff der Herrschaft in die Tasche auch der Geistlichen - der „Kaplan im Vorhof zu Dachsbach mit St. Kilians Meß in der Kapelle zu Reinhardshofen und der Kapelle zu Weisach" mit 6 Gulden und 1 Pferd angeschlagen. Von 1524 bis 1533 ist Jorg Puchner als Frühmesser zu Reinhardshofen bezeugt, ab 1535 Christoffel Schreyber, 1548 starb der Priester Erasmus Hirschberger zu Dachsbach und von 1548 bis1558 warJohann Brüderlein, latinisiert Fratercu­lus, Frühmesser zu Dachsbach und auch im Besitz der Vikarie zu Reinhardshofen.

1558 schließlich trat eine große Änderung dergestalt ein, daß das rund 38 Gulden betragende, recht ansehnlich gewordene Einkommen der Reinhardshöfer Frühmesse dem Pfarrer in Gu­tenstetten zugewiesen wurde. Die entsprechende Bittschrift des neuen Stelleninhabers Lin­hart Wagner beim Markgrafen war wohl nur deswegen erfolgreich, weil um 1537 das vormals bedeutende Naturaleinkommen der Pfarrpfründe Gutenstetten aus elf sogenannten „Widem­gütern" in eine feste Geldbesoldung aus dem markgräflichen Klosteramt Birkenfeld verwan­delt und gleichzeitig gekürzt worden war, so daß die Stelle jährlich nur noch 81 Gulden ein­brachte.

Mit dieser Weichenstellung war der weiteren Entwicklung der Filialgemeinde Reinhardshofen die Bahn gewiesen: Die Verbindung mit Gutenstetten wurde wieder enger; ohne Zweifel ge­hörte ja Reinhardshofen auch schon vor 1558 -allein schon wegen der Nähe - in den Seelsor­gebezirk der Pfarrei Gutenstetten. Das 1416 erwähnte, nicht näher bezeichnete Wirken des Pfarrers Conrad zu Diespeck in der Kapelle zu Reinhardshofen kann sich nur auf etliche der Frühmeßstiftung vorangegangene Jahrtage beziehen, die der Priester, wie auch später der Frühmesser, innehatte, wie analog der Frühmesser zu Neustadt 1432 die Freitagsmesse in der St. Martinskapelle zu Schornweisach besaß. Diese „etlichen Jahrtag", deren Begehung auf Befehl des Markgrafen Georg 1528 allerorten abgeschafft wurde, schlugen sich in einer Zah­lung von 5 Pfund und 23 Pfennigen aus dem Gotteshaus an den Pfarrer nieder, womit auch die Kosten für 3/4 Pfund Wachs abgegolten waren. Bis 1571 nannte sich diese Einnahme des Pfar­rers „seine (so)genannte Pension von Jahrtagen", danach hieß sie seine „jährliche Besol­dung", und ab 1612 wurde daraus der Betrag fürs eine „Mahlzeit am Gründonnerstag". Er hatte es somit nicht etwa aufs Essen abgesehen!

Bevor nun dem weiteren Aufbau eines vornehmlich vom Kirchenwesen geprägten, eigenstän­digen Dorfwesens nachgegangen wird, ist des für die Dorfbewohnerschaft zweit wichtigsten Altertums zu gedenken, nämlich der Mauer um die Kirche.

Die Kirchhofmauer

Sie ist aus Bruchsteinen errichtet und befindet sich wohl an keiner Stelle mehr in ursprüngli­chem Zustand; vielmehr wurde sie überall erniedrigt und abschnittweise erneuert. Doch ihr Zweck ist noch gut erkennbar. Es war in Franken auf dem Land allgemein üblich, daß die Bauern in gefährlichen, durch Räuberei oder Krieg entstellten Zeitläuften sich nicht in ihren Anwesen verschanzten, sondern sich und ihre wertvollste Habe, sogar Vieh, an ei­nen befestigten Platz mitten im Dorf flüchteten: in den Kirchhof und das Gotteshaus. Beide sind in Reinhardshofen als Einheit zu sehen, auch nach ihrer Lage. Die Stelle am Hangvor­sprung zum Aischtal war für diesen Zweck nicht ungünstig gewählt. Das Kirchlein ist mög­lichst nah an den Abhang und möglichst weit von der nördlichen Wehrmauerweggerückt. Es fällt dabei auf, daß es ziemlich in der Nähe der westlichen Mauer mit dem Eingangstor steht. Ist das sein ursprünglicher Standort? Es scheint wirklich so, denn die Kapelle ist gerade im west­lichen Teil ihres Mauerwerks alt. Auch die Tatsache, daß man fünf Stufen in das Kircheninnere hinabzusteigen hat, weist auf das hohe Alter des bestehenden Kirchenschiffs hin; denn das Bodenniveau des umgebenden Kirchhofareals hat sich durch fortwährende Ablagerungen erhöht - ein langsamer Prozeß. Die Kapelle ist zwar 1715 verlängert worden, doch nach Osten hin.

 

Ihre Ausmaße im 15./16. Jahrhundert sind, ausgehend von der westlichen Giebelwand aus Bruchstein - mauerwerk, noch zu rekonstruieren. Der alte, niedrigere Giebel aus dieser Zeit ist an der Innenwand im Bereich des Dachbodens mit Händen zu greifen. Das Kirchlein reichte al­so schon immer so weit nach Westen. Aber auch die westliche Kirchhofmauer mit dem Ein­gangstor steht nachweislich auf ihrem angestammten Platz und ist nicht erst nachträglich bei einer Verkleinerung der ursprünglich möglicherweise größeren Kirchhofanlage errichtet wor­den. Zwar würde dazu passen, daß bei der ersten Erwähnung der „Kirchmauer" in den erhalte­nen Gotteshausrechnungen im Jahre 1559/60 nur ein Abbruch, aber keine Instandsetzung verzeichnet ist: „1 Pfund geben, daß man die stain von der kirchmauer getragen hat". Aber da­gegen spricht eindeutig, daß mindestens seit 1703 jährlich 10 Kreuzer vom Gotteshaus aufge­wandt werden mußten, „weiln solche wegen des Platzes, worauf das Schulhaus gebauet, vor eine (Fastnacht-)Henne in Conrad Bischoffs Haus alljährlich bezahlt.werden müssen". Diese Erstattung einer auf dem zur Verfügung gestellten Boden lastenden Herrengült verrät die frem­de Lehenspflichtigkeit jenseits der bestehenden Kirchhofmauer. Der Zweck der ursprünglich allerdings viel höheren Kirchhofmauer geht weiter daraus hervor, daß auf der Innenseite des überdachten Tores rechts und links in der Mauer Löcher vorhan­den sind, in die zur Sicherung des Tores ein starker Sperriegel eingelegt werden konnte. Die abschirmende Kirchhofmauer erforderte immer wieder Reparaturen. 1591/92 wurden 8 Gulden dem Maurer zu Gutenstetten „von dem Stück mauers um die Kirchen zu machen und zu bessern" bezahlt. 1755 wurde das „Kirchtordächlein" ausgebessert, 1771 ein neues Kirch­hoftor gefertigt. 1813/14 kostete das Ausbessern der Kirchhofmauer schon 60 Gulden und 4 Kreuzer, aber für die jetzt bevorstehende unumgängliche Instandsetzung eines südlichen Mauerabschnitts von 17 Metern sind gar 118.883 DM veranschlagt!

Die Kapelle mit „Pfarrecht"

Daß der Kirchhof erst seit 1680 als Friedhof benützt wird, unterstreicht noch einmal seinen ur­sprünglichen Schutzzweck. 1574 hieß es in Pfarrer Nothnagels Einkommensverzeichnis: „Rienhartshofen gehört mit allen pfarrlichen Gerechtigkeiten, auch mit der Begrabnus, gen Gutenstetten." Im Lehenbuch von 1720 berichtet Pfarrer Oertel über die Veränderung: „Rien­hardtshofen gehöret mit allen pfarrlichen Gerechtigkeiten, auch mit der Begräbnus, nach Gu­tenstetten. Es ist aber Anno 1680, zur Zeit des damaligen Pfarrers Herrn Christoph Pickarts, mit Consens des Herrn Superintendentis zur Neustadt dahin vermittelt worden, daß alle Actus (d. h. alle Kasualfälle) in Reinhardshofen verrichtet" werden sollten, mit Ausnahme der Beichte. Erst seitdem danach, Anno 1700, das Amt Münchsteinach samt der Pfarrei Gutenstetten „nach Würzburg versetzet worden, wird auch die Confession und Absolution (d.h. die Beichte) am Sonntag früh vor dem Gottesdienst, alldort gehalten".

 

1680 hatten die Gemeindevertreter vor dem Superindendenten behauptet, daß angeblich „vor alten Zeiten die ... Kindtauffen und Leichbegängnussen nicht wie jetzo zu Gutenstedten, sondern in der Kirch und Kirchhof Rein­hardshofen" stattgefunden hätten. Pfarrer Oertel versah indessen seine Protolkollkopie unter dem 28. April 1718 mit der Nachschrift: „Notabene! Es ist der damalige Herr Superintendent mit Unwahrheit berichtet worden, maßen auch vor dem dreißigjährigen Krieg die Kirchen-Ac­tus, sonderlich die Begräbnisse, in Gutenstetten verrichtet worden,... und ist jedermann be­kannt, daß erst nach meiner Anherkunft ein Taufstein in die Capelle zu Reinhardshofen geset­zet worden." In einer Eingabe an die Hochfürstliche Herrschaft vom 2. Mai 1718 berichtet Oer­tel, dies sei laut der (nicht erhaltenen) Gotteshausrechnung im Jahre 1682 erfolgt. Es könnte immerhin sein, daß in Reinhardshofen tatsächlich noch eine überlieferte Erinne­rung an eine freilich schon weit zurückliegende Praxis vorhanden war. An eine bloße Erschlei­chung des Tauf- und Begräbnisrechtes mag man nicht recht glauben. Die Aufwertung der Fi­lialkirche durch die Vornahme von Amtshandlungen auch dort hatte jedenfalls für Pfarrer Pic­cart (1679 -1681) eine höchst angenehme Folge: Im Gegenzug hatte nämlich „die Gemeinde sich alldort verbunden, daß sie die Felder, so oberhalb Reinhardshofen, gegen Gutenstetten zu liegen, bestellen und bauen wollen", wie sie 1681 auch dem neuen Pfarrer Oertel versicher­ten-Doch muß der Pfarrer", wie Oertel im Lehenbuch von 1720 ergänzt, „auf seine Kosten die Dung hinausschaffen und ihnen bei der Saat einen Trunk und Käß und Brod reichen lassen".

 

Kirchner und Schulmeister

Wir sind nun schon ein wesentliches Stück vorangekommen bei dem Bemühen, die Grundli­nien der Reihardshöfer Ortsgeschichte herauszuarbeiten. Werfen wir noch einen Blick auf die Ämter des „niederen Kirchendienstes", da diese ja im früheren Dorfleben nicht unbeachtliche Positionen darstellten. Über die gottesdienstlichen Verrichtungen in Reinhardshofen in der Zeit vor 1680 ist nur bekannt, daß am Gründonnerstag und an der Kirchweih auf jeden Fall zu predigen war; außerdem mußten jene nicht näher bezeichneten Jahrtage bis 1528 gehalten werden. Welchen Einsatz die „Ewigmesse" beziehungsweise „Frühmesse" erforderte, ist un­bekannt. Erst durch die schon erwähnte Eingabe des Pfarrers Oertel vom 2. Mai 1718 sind wir unterrichtet, „daß am dritten Sonntag und an hohen Festen am dritten Feiertag, auch am grü­nen Donnerstag allzeit in Reinhardshofen muß geprediget werden". Dies machte schon im­mer den Dienst eines „Kirchners" oder „Meßners" notwendig. 1555/56 erhält er 2 Gulden als Jahreslohn. Bei seiner Verdingung, die jährlich durch den Pfarrer in seiner Eigenschaft als Dia­conus zu Reinhardshofen im Verein mit der Gemeinde vorzunehmen war, wurde zuweilen „ein Viertel Weins" fällig. Ältester bekannter Kirchner ist Georg Dechelman. Er wird 1561/62 und 1566/67 in seinem „Kirchambt" genannt.1569/70 ersehen wir, was er für diese 2 Gulden zu tun hatte, nämlich die „Uhr zu richten und zu läuten". Für diese Dienste erhielt er nach dem Ein­kommensverzeichnis der Pfarrei Gutenstetten von 1574 außerdem noch von der Gemeinde Reinhardshofen jährlich 3 Gulden und von den Dorfeinwohnern insgesamt 20 Läutgarben Korn sowie 10 Hafergarben. Ein Sondereinsatz verursachte 1595/96 1 Gulden Extrakosten, nämlich „von der Türk- und Wienglocken zu läuten". 1621/22 und in den folgenden Jahren war der Reinhardshöfer Bader Georg Heunisch zugleich Kirchner. Ab1632/33 wird dieses mühse­lige Geschäft allerdings nur noch mit dem halben Betrag vergütet, was sich erst wieder ab 1667 im alten Sinn ändert. 1678 besorgt der Hirte das Amt. Für den Zeitraum von 1682 bis 1691 sind die Rechnungen nicht mehr vorhanden; danach kommt ein Kirchner nicht mehr vor. Der Schulmeister hatte wie anderswo dessen Funktionen zur Aufbesserung des eigenen kargen Gehaltes mit übernommen; so werden nun die 2 Gulden ausbezahlt „dem Schulmeister allhier von der Uhr zu richten und zu läuten" (1692). Daher wenden wir uns jetzt dem Reinhardshöfer Schulwesen zu.

 

Dieses hat gewissermaßen im Gutenstetter Kirchneramt seinen Ursprung. In der Rechnung 1562/63 ist erstmals belegt, daß ein Kirchner dem Pfarrer an der Reinhardshöfer Kirchweih as­sistierte und die entsprechende Mahlzeit mit ihm teilte. Daß es sich um den Meßner zu Guten­stetten handelt, ist 1589/90 und noch mehrmals ausdrücklich festgehalten. Von ihm wird 1590/91 der „Meßnerer", der nur die Uhr zu richten (und zu läuten) hat, säuberlich unter­schieden. Im Jahr1595/96 wird wiederum „1 Ort dem Kirchner zu Gutenstetten für seine Kirch­weihmahlzeit" ausbezahlt, zugleich aber werden 13 Pfennige „einem armen Schulmeister ge­steuert". Dieser ist offenbar im folgenden Jahr zum Schulmeister in Gutenstetten angenom­men worden, da er1596/97 anstelle des dortigen Kirchners, dadurch sichtbar mit dessen Auf­gaben betraut, die Kirchweihmahlzeit zu Reinhardshofen verzehren darf. Von nun an gebührt dieser Anteil an dem Essen stets „dem Schulmeister", ob er sich nun den Bauch vollgeschla­gen hat oder den Viertelgulden - dem Pfarrer war ein ganzer Gulden vergönnt - nach Hause trug. Im Vorbeigehen sei erwähnt, daß in Gutenstetten 1574 nur ein „Meßner oder Kirchner" besoldet wird, aber noch kein Schulmeister. In den Neustädter Visitationsberichten wird 1588 mit Georg Gering erstmals ein Schulmeister in Gutenstetten genannt. Da vorhergehende Be­richte sich in diesem Punkte ausschweigen, dürfte die Schule in Gutenstetten um dieses Jahr herum eingerichtet worden sein. Ab 1624/25 erhält der Schulmeister für seinen Dienst in Rein­hardshofen auch am Gründonnerstag eine Wirtshaus-„Besoldung" von 1 Ort, ab 1627/28 bis 1634/35 überdies noch je 1 Gulden zu Martini und Walburgi - ebenfalls „für Besoldung". Da­raus kann nur geschlossen werden, daß die Mitwirkung des Schulmeisters zu Gutenstetten bei Gottesdiensten in Reinhardshofen vorübergehend verstärkt worden war, aber im Verlauf jener elenden Zeiten wieder abkam. Welcher Art diese Mitwirkung vermutlich gewesen ist, entnehmen wir einer Nachricht über Schornweisach, die Pfarrer Schmutzer, damals zugleich Pfarrer von Gutenstetten und Schornweisach, um 1660 in einem Einkommensverzeichnis der dortigen Pfarrei einfließen läßt: „Einen halben Gulden gibt die Gemeinde allhie dem Schulmei­sterzu Gutenstetten, weil er mit dem Pfarrer heruntergeht, den Gesang und andere Schuldien­ste verrichtet." Es war also besonders Kantorendienst in der Kirche und beim „Leichenabsin­gen" (1781), wofür man ihn brauchte. Dabei muß man sich vergegenwärtigen, daß Orgeln in den Landkirchen erst gegen Ende des 17. Jahrhunderts zur Aufstellung kamen, in Reinhardshofen erstmals 1735.

 

Nach dem Dreißigjährigen Krieg dauerte es noch eine ganze Weile, bis neue Erfahrungen mit Schulmeistern über den Ablauf des Gründonnerstags und der Kirchweih hinaus sich ankün­digten. 1679 werden einem Zimmermann 12 Kreuzer bezahlt „vor 3 Bänklein, darauf die Schü­lersitzen", zu machen. Die Sitzgelegenheiten scheinen die Vorbereitung eines eigenen Unter­richtswesens am Ort, vielleicht nur erst für die Chorschüler in der Kirche, anzuzeigen. Drei Jahre darauf, offenbar beschleunigt durch einen Zwist zwischen Erhard Adam Kießling, dem seit 1681 wirkenden Schulmeister und ersten Organisten zu Gutenstetten, und der Reinhards­höfer Gemeinde, war es jedenfalls so weit: 1682, im Sommer, zwei Tage vor ihrer Kirchweih, hatte Pfarrer Oertel dem Reinhardshöfer „Hutmann, den er auf dem Feld angetroffen, befoh­len, der Gemeind zu sagen, wie der Organist zu Gutenstetten nicht mehr nach Rennhardsho­fen gehen und singen wolle, weswegen sie sich um jemand anders bewerben sollten". Darauf­hin berieten sich die Reinhardshöfer und schlugen Pfarrer Oertel vor, „daß sie den gewesenen Schulmeister zu Diespeck, jetz und zu Gutenstetten wohnhaft, dazu bestellen wollten". Pfarrer Oertel war einverstanden und hielt 18 Wochen lang gemeinsam mit dem in Aussicht gekom­menen Schulmeister Gottesdienst. Aber noch bevor derselbe, mit Bewilligung des Superin­tendenten, tatsächlich in Reinhardshofen aufzog und verpflichtet werden konnte, war schon Streit mit dem Mesner ausgebrochen - man kann sich denken, warum -, und aus der Sache wurde nichts. Auf die förmlich vorgetragene Bitte der christlichen Gemeinde zu Reinhardsho­fen um einen eigenen Schulmeister vom 2. Mai 1683 wurde diese von der markgräflichen Re­gierung unter dem 16. Mai 1683 dahingehend beschieden, „daß man wegen der Besoldung dergestaltige Vorsehung tun solle, daß sie zu jährlichem Auskommen zulänglich sei, damit Uns oder dem Gotteshaus künftighin keine Beschwerung zuwachsen möge". Pfarrer Oertel scheint vom Verlauf der Angelegenheit nicht begeistert gewesen zu sein, denn er kommentiert lakonisch: „Wie aber dennoch das sehr arme und in großen Schulden steckende Gotteshaus mit der Besoldung des Schulmeisters graviret worden, bezeugen die Gotteshaus-Rechnun­gen." Darin findet sich 1692 die dienstlehensweise Überlassung von 1 Tagwerk Wiese in der Rappoldshöfer Markung an den ersten bekannten Reinhardshöfer Schulmeister Daniel Hoff­mann „zu seiner Besoldung". 1715 hat der Schulmeister außerdem 1/2 Tagwerk, genannt die „Aischwiese", zinsfrei „zum Genuß", das er zuvor 1699 immerhin noch für 4 Gulden und 4 Kreu­zer hatte pachten müssen, und 1735 werden ihm weitere 3/4 Tagwerk, der „Ameshügel", die 1721 ebenfalls 4 Gulden an Pachtzins ertragen hatten, „wegen der Sommerschul" zinsfrei ein­geräumt. Deutlich erkennbar empfängt auch mindestens seit 1721 nur noch ein einziger Schulmeister Zahlungen am Gründonnerstag, an der Kirchweih und wegen des Uhrrichtens; wahrscheinlich aber standen die beiden Mahlzeiten am Gründonnerstag und an der Kirch­weih schon seit 1683 nunmehr dem Reinhardshöfer Schulmeister zu.

 

Hinsichtlich des erforderlich gewordenen Schulhauses ergibt sich aus den Rechnungen, die für diesen Zeitraum nur noch lückenhaft vorhanden sind, daß es zwischen 1700 und 1702 errichtet worden sein muß. Denn 1699 war die Fastnachthenne, die als Abgabe auf dem zur Verfügung gestellten Baugrundstück lastete, noch nicht an den Nachbarn zu erstatten, und 1703 ist der (Dach-)Boden des Neubaus gebrettert worden. Das „Schul- und Mesnerhaus", das man noch 1867 erweiterte, wurde 1886 abgebrochen. Am 21. November 1887 ist der Er­satzbau, das jetzige evangelische Gemeindehaus, eingeweiht worden.

Die Badstube

Reinhardshofen ist schon immer ein sauberes Dorf gewesen. Nicht unwesentlichen Anteil da­ran hatte früher der Bader. Es ist eigentlich erstaunlich, daß eine Badstube wirklich auch hier, und nicht bloß in Gutenstetten sowie in den anderen umliegenden größeren Ortschaften, be­standen hat. Aber sogar für das kleine Pahres ist Anno 1612 ein Bader bezeugt. Und auch für Reinhardshofen läßt sich also dieser wichtige Einwohner nachweisen. Die Arbeit des Baders war körperbezogen und auf ihre eigene Art segensreich. In Gutenstetten scheint einmal durch, daß selbst ein Herr Pfarrer seine Dienste nicht entbehren konnte. Johann Georg Oertel vereinnahmt nämlich 1724 eine Verehrung für die Kirche, die über den dortigen Bader ange­wiesen worden war, indem er sie diesem „an Schröpfen" abzieht. Baden, Schröpfen, zur Ader lassen, Wunden verarzten, Leichen herrichten - das war des Baders Geschäft, ein niederer Medizinaldienst. Interessanterweise nennen sich die Bader gegen Ende des 18. Jahrhunderts „Meister der Chirurgie" oder schlicht „Chirurg". Das konnten sie ruhig tun, denn kein Arzt, der hauptsächlich für die Behandlung von inneren Leiden ausgebildet war, neidete ihnen diese handwerkliche Tätigkeit. Die Chirurgie, die besonders in Kriegszeiten Konjunktur hatte und von den Badern dann als Feldschern betrieben wurde, stand noch gänzlich vor ihrem Höhen­flug in Leistung und Ansehen.
Der erste uns begegnende Reinhardshöfer Bader ist ein Anonymus, der 1569/701 Gulden 15 Pfennige empfängt „von der Kirchen auszuputzen und zu fegen". Danach ist von 1613 bis 1627 ein Jörg Heunisch bekannt, der seit 1621/22 nebenbei das Kirchneramt versah. 1703 wird von dem „alten Badhaus zu Reinhardshofen" gesprochen, das an ein Ehepaar als Wohnung ver­mietet war; es steht heute noch und ist als das anheimelnde winzige Fachwerkhaus Untere Dorfstraße 8 zu bestaunen. Der Denkmalpflege blieb es bislang verborgen. 1705 hielt sich dar­in ein alter „Päpstlicher und Salpetersieder" auf, und um 1717/18 hauste dort etwas beengt ein von auswärts gekommener ehemaliger Schulmeister mit seiner Familie. Die Kennzeichnung der Badstube als „alt" zwingt zur Annahme, daß entweder vor 1703 ein neues Badhaus errich­tet worden ist, oder, was mehr für sich hat, daß die Baderei nun ohnefestes Lokal auskam, weil dieser Beruf beweglicher wurde und ein geeigneter Praxisraum sich überall einrichten ließ, sogar im Wohnhaus des Baders. Es finden sich nämlich noch einmal Kirchenbucheinträge, die Meister Johann Georg Lieb von 1725 bis 1734 als „Bader und Wundarzt zu Reinhardshofen" nennen. Nur 1733 firmiert er vorübergehend als Bader zu Münchsteinach. Da scheint sich für ihn eine Verbesserungsmöglichkeit zerschlagen zu haben. Nach 1734 wird in Reinhards­hofen die wirklich noch schwitzbadende Kundschaft für den weiteren Betrieb einer örtlichen Badstube zu rar geworden sein - wie bei den allerhöchsten Vorbildern waren es nicht mehr die einfachsten Mittel, auf die man etwas gab, sondern man liebte es, sich jetzt stärker zu par­fümieren und zu pudern. Der alte Holzzuber-Bader, dessen höchst gesellige Welt Albrecht Dü­rer in seinem großen Holzschnitt „Das Männerbad" (1496) dargestellt hat, verwandelte sich im Laufe dieses und des nächsten Jahrhunderts in den „Magister der Chirurgie und Geburtshül­fe", wie er sich 1843 klangvoll in Gutenstetten nennt, beziehungsweise in einen „approbirten Bader" (1869). Damit wird er zum Vorläufer des Landarztes, den sich dank der Einrichtung der Krankenkassen heute jeder leisten kann.

Das Wirtshaus

Das ehemalige Wirtshaus der Familie Deininger in der mittleren Dorfstraße wurde im Jahre 2012 abgerissen.

Zahlreiche Menschen verlangen auch nach regelmäßigen inneren Spülungen. Hierfür hat das „Schwarze Roß" schon immer bereitgestanden. Nicht in allen Fällen macht ja der Gerstensaft die Menschen so kaputt wie jenen armen Johann Infang, „Tag-Wächter zu Reinhardshofen und Pahres, auch Hausgenoß an letzterm Ort", der 1796 starb und „als ein verhurter und ver­soffener Mensch beerdiget wurde, alt ongefähr 28 Jahr..." Nein, im Wirtshaus wurde oftmals auch das Abhören der jährlichen Gotteshausrechnung durchgeführt, die traditionelle Grün­donnerstags- und Kirchweihmahlzeit vom Herrn Pfarrer, den Gotteshauspflegern, dem Meß­ner beziehungsweise dem Herrn Schulmeister eingenommen, und auch sonst bei jeder Ver­dingung einer größeren Arbeit sowie zum guten Ende einer solchen allerhand, auf Kosten des Gotteshauses, verzehrt und vertrunken.

  

Das „Schwarze Roß" zeichnet sich durch ungewöhnliche Kontinuität aus: Es wechselte in mehr als 350 Jahren nur viermal den Familiennamen des Besitzers und einmal die Farbe, denn jetzt nennt es sich tugendsam „Weißes Roß". Der erste bekannte Wirt zu Rienertshöven war 1618 Michel Popp. Nach dem Dreißigjährigen Krieg hören wir 1653 von einem Hannß Merck. Ab 1662 erscheint Leonhard Hoffmann als Wirt und Hufschmied; er starb 62jährig 1675. Sein Sohn Hanß Georg, Wirt und Bierbrauer, führte die Wirtschaft 40 Jahre lang; er übergab sie 1715 wiederum an den Sohn Johann Georg Hoffmann junior, Wirt und Bierbrauer, und lebte noch, 78 Jahre alt geworden, bis 1723. 1728 ist das Gasthaus an Johann Georg Schlegel, Wirt und Bierbrauer, gekommen, wohl über seine Frau Margareta, eine geborene Hofmännin. Als er 54jährig im Jahre 1750 stirbt, übernimmt sein Sohn Johann Georg die Wirtsgeschäfte. Als Schultheiß, Büttner und Bierbrauer hatte er bald eine achtenswerte Stellung im Dorfleben in­ne, doch er starb jung mit 43 Jahren 1767. Ihm folgte der Sohn Georg Schlegel und nach des­sen Tode 1782 der Enkel Zachaeus Christoph Schlegel als Gastwirt, Büttner und Bierbrauer­meister.

 

Auch dieser erreichte nur ein Lebensaltervon 41 Jahren und starb 1800. Nun erheira­tete das in der ganzen Umgebung verbreitete Gastwirts- und Müllergeschlecht Deininger aus seinem Gutenstetter Zweig das Wirtshaus - und führt es immer noch. Der gesprächige Kir­chenbucheintrag gewährt uns einen tiefen Blick in die Zusammenhänge und nennt darüber­hinaus zum einzigen Mal den echten Namen des Hauses. Deshalb sei er wörtlich hier ange­führt: „Herr Georg Deininger, Büttner und Bierbrauer-Meister, wie auch Gast-Wirth zum schwarzen Roß in Reinhardshofen, des weyland Ehren geachten Herrn Georg Conrad Deinin­gers, gewesenen Büttner- und Bierbrauermeisters, auch Gast-Wirths zum rothen Roß allhier, nachgelassener einziger lediger Sohn und des Ehrengeachten Herrn Martin Gärtners, Bütt­ner- und Bierbrauer-Meisters, wie auch Gast-Wirths zum rothen Roß dahier erheyratheter Stief-Sohn, ist mit der Ehr- und Tugendsamen Jungfrau Anna Elisabetha, des weyland Ehr­und Vorachtbaren Herrn Zachaeus Christoph Schlegels, Büttner- und Bierbrauer-Meisters, Gast-Wirths zum schwarzen Roß in Reinhardshofen, wie auch Gerichts-Schöppens des Kö­niglich-Preußischen Justiz-Amts Markt Dachsbach nachgelassenen einzigen Tochter am 27. Decembris (1802) in der Kirche zu Reinhardshofen öffentlich copuliret worden."

 

Nach Georg Deininger, der sich in seinen letzten Jahren als Bauer auf den Nachbarhof zurück­gezogen hatte und 1840 starb, zapfte Georg Leonhard Deininger als Wirt und Bierbrauer. Ihm folgte 1867 der Sohn Georg, dem ein langes Leben bis 1927 beschieden war. Dessen Nachfol­ger war erneut der Sohn geworden, Rudolf August Ferdinand Deininger, Bierbrauereibesit­zer. Und von dem hat die Wirtschaft wiederum der Sohn Georg Leonhard Deininger, Gast-und Landwirt in Reinhardshofen, der wie alle seine Vorfahren bis spät in die Nacht für Euch sorgt. Zum Wohl!

Die St. Kilianskirche

 

H1 Kilianskirche

Bild: St. Kilianskirche

Am Ende unseres erdachten Festzuges der Dorferinnerungen erscheint das würdige Gottes­haus. Es ist den Reinhardshöfern teuer seit vielen Generationen. Von seinem Zustand hören wir erstmals 1557/58, als Bauleute die Kirche besichtigten. Es blieb ohne Folgen. Ein Dutzend Jahre später gehen wieder zwei Berichte „der baufälligen Kirchen halben gen Onolzbach", wie Ansbach damals hieß. Um eine größere Maßnahme kann es sich nicht gehandelt haben. Ein Dachdecker nahm das Kirchlein in Augenschein, ließ eine Maß Wein durch die Kehle rin­nen und empfing schließlich 14 Gulden dafür, daß er bei einem Verbrauch von nur 1.100 neuen Ziegeln es unternommen hatte, „die Kirchen zu decken und zu bessern". Der Bader mußte sie danach ausputzen und fegen, wie wir schon hörten. Von Zeit zu Zeit werden drei Altartücher gewaschen (1577/78). Ein „klein Glöcklein" wird 1585/86 unterschieden. 1555/56 hatte man auch schon an der Uhr repariert.

Die erste gründliche Renovierung, von der wir Kenntnis bekommen, erfuhr das Gotteshaus um 101 Gulden 1588/89. Weil aber kein eigentlicher Maurer, sondern ein Zimmermann aus Emskir­chen verpflichtet wurde, der auch Mauern und Dachdecken zu übernehmen in der Lage war, da ferner nur Kalk, Sand und Latten gefahren wurden, außerdem natürlich Ziegel, diesmal 3.100 Stück, kann das Gebäude mit dem Glockentürmlein, das auf dem Dach erwähnt wird, kaum verändert worden sein. Vielleicht war das Chorgewölbe eingestürzt oder einsturzgefähr­det gewesen. Im Schiff hat man jedenfalls nur ein größeres Fenster eingehauen, nicht genann­te Dinge „gebessert", und im Chor das Gewölbe gemacht. Der Altarstein bekam vom Schmied zwei Klammern, war also auch nicht neu.

 

1589/90 hat der Zimmermann zwei „Kirchthore" instand zu setzen. 1596/97 dachte man offen­bar an eine eingreifende Innenrenovierung des Kirchleins. Man ließ ein ganz neues Fenster einhauen und „etliche Säulen" drechseln - offensichtlich die Stützsäulen für eine geplante einstöckige Empore. Wohl aus Geldmangel kam sie jedoch erst ein Dutzend Jahre später, 1609/10, zur Ausführung. Man war doch 1603/04 sogar gezwungen, eine Gotteshauswiese um 60 Gulden zu versetzen, weil eine schadhafte Glocke ausgetauscht und der Dachreiterzu die­sem Zweck abgebrochen und samt dem Glockenstuhl völlig neu errichtet werden mußte. 1596/97 wurden ferner vom Schreiner und vom Zimmermann für die Kircheje 12 Bänke ange­fertigt, vom Schreiner außerdem ein neuer „Predigtstuhl", d. h. eine Kanzel. Nach der Schorn­weisacher Pfarrbeschreibung soll daran das 'redende' Wappen des Pfarrers Bernhard Noth­nagel angebracht gewesen sein, der von 1572 bis 1607 Pfarrer zu Gutenstetten und vorher zu Schornweisach war: ein Herz, worin ein Nagel steckte. Zur Beseitigung des Platzproblems be­half man sich noch 1606/07 mit der Aufstellung von zusätzlichen Stühlen und Bänken um den Altar herum. Es war damals noch ein zweiter Altar vorhanden, denn 1598/99 wurden 4 1/4 Gul­den für zwei Decken „uf die Altar" ausgegeben. Als 1609/10 endlich die Empore ausgeführt werden konnte, war es zu diesem Zweck erforderlich gewesen, vorher den Seitenaltar „abzu­brechen und an einen anderen Ort zu setzen". Es scheint sich um einen Schrein gehandelt zu haben, der von da ab „zum Behälter in der Kirchen, in welchem die Bücher liegen", umfunktio­niert wurde; 1629/30 waren für ihn ein paar Nägel fällig. Auch Pfarrer Schmutzer erwähnt in ei­nem Bericht an das Konsistorium vom 4. Dezember 1665 über einen Glockenstreit in Guten­stetten, Gemeinderechnungen von Reinhardshofen, die im Filialort ~hinter dem einen Altar versteckt und bey der Erbauung der Kirchen daselbsten gefunden" worden seien. Die nächste größere Renovierung folgte in den Jahren 1663 und 1664. Sie kostete 157 Gulden. 30 Gulden und 25 Reichsthaler bezahlte man dem Zimmermann Meister Pancraz Büchner zu Oberhöchstädt dafür, daß er den „neuerbauten Kirchthurn samt dem Langhaus... von neuen Zimmern erhoben", d.h.: das Langhaus vom Dachstuhl ab neu bezimmert sowie einen neuen Dachreiter errichtet hatte. Das Neueindecken machte 10.700 Ziegel nötig, die allein über 32 Gulden kosteten. Der Maurer verdiente lediglich 24 Gulden. Davon keinerlei Fensterarbeit die Rede ist, kann im Schiff oder Chor wiederum kaum etwas verändert worden sein. Selbstver­ständlich, der „Chor in der Kirchen" war vom Maurer „anzuweißen". Und der Tüncher hatte den Turmknopf und die „Fahne" darüber „anzustreichen". Das alte Holz nahm um nicht ganz 2 Gulden Leonhard Hoffmann, der Wirt. Man sieht, das bisherige Kirchlein kann nicht ein­gerissen worden sein, sonst hätte man viel mehr an Altmaterialien an den Mann gebracht. Acht Jahre später, 1672, bekam die Kirche noch ein Backsteinpflaster, das allem Anschein nach bis 1896 aushielt.

 

Das Jahr 1680 brachte für das Reinhardshöfer Gotteshaus die schon beschriebene Aufwer­tung zur Tauf- und Begräbniskirche. Daher wurden neben dem Notwendigen für eine Ausrü­stung zum Grabmachen auch sogleich 36 Kreuzer für ein hölzernes Leichenkreuz und 1 Gul­den 44 Kreuzer für seine Bemalung ausgegeben. Dieses Vortragskreuz, auf dessen noch vor­handenem, von einem Filigranornament umsäumten Querbalken rückseitig die Jahreszahl 1681 und vorderseitig das Fragment eines Christuskorpus aufgemalt ist, wird nach seiner Re­staurierung wieder in der Kirche aufgestellt werden. 1681 erstand die Kirchengemeinde für 1 Gulden 12 Kreuzerauch ein zinnernesTaufbecken; die Errichtung des schlichten, kelchförmi­gen Taufsteins selbst ist erst für 1682 bezeugt.
Was wir heute, nach der umfassenden Instandsetzung der Jahre 1978 bis 1982, erblicken, ist eigentlich der Zustand der total renovierten Kirche im Jahre 1715. Damals wurde der Chor, der sicher noch aus vorreformatorischer Zeit stammte, abgerissen, ebenso die alte Sakristei und auch der Dachreiter mit dem Glockenstuhl. Sogar der alte Flügelaltar wurde zusammen mit an­derem Gerümpel an einen gewissen Georg Singer in Reinhardshofen verkauft. Ganze 18 Kreu­zer brachten noch „die Altarkästen, darinnen die Bilder gestanden". Sie hatten leider nicht mehr dem Zeitgeschmack entsprochen. Nur ein Abgang der alten gedrechselten Säulen ist nicht verzeichnet, sie sind demnach mit großer Wahrscheinlichkeit beim Kirchenumbau im Barockstil übernommen worden, waren ja auch erst 118 Jahre alt und aus schönen festen Eichenstämmen - die drei zylindrischen, jetzt wieder bläulich marmorierten Emporen stützen vor unseren Augen!

 

Das Kirchlein wurde nun um 21 Schuh, das sind 5,84 Meter, nach Osten in den abgebroche­nen Chor hinein verlängert. Zugleich hat man es, nach Ausweis der am Westgiebel auf der In­nenseite sichtbaren Spuren, wegen der neuen Doppelempore erhöht und schließlich mit ei­nem selbständig gegründeten Turm auf der Ostseite abgeschlossen. Diesmal betrugen die Baukosten ein Vielfaches der früheren: „784 Gulden 12 1/2 Kreuzer haben, als nach vorher geführter reifer und umständiger Beratschlagung das alte Kirchlein allhier, weilen es zu klein, eng und unbequem gewesen, 21 Schuhe erlängert, dann ein neuer Kirchthurn daran, in allem 42 Schuhe hoch, uffgeführet worden, auf Maurer-, Zimmerleute-, Schreiner-, Drechsler-, Schmied-, Nagler-, Schlosser-, Glaser- und Seiler-Arbeit, item vor hierzu gebrauchte Materia­lia, Fuhr-, Taglohn und anders bezahlt werden müssen, wie aus der hierüber besonders ge­führten Bau-Rechnung über alle Posten specifice anliegend mehrers zu ersehen." Leider nicht, muß man sagen, auch sie ist nicht mehr vorhanden wie überhaupt der größteTeil der Gotteshausrechnungen von 1682 bis 1754. wurde nun um 21 Schuh, das sind 5,84 Meter, nach Osten in den abgebroche­nen Chor hinein verlängert. Zugleich hat man es, nach Ausweis der am Westgiebel auf der In­nenseite sichtbaren Spuren, wegen der neuen Doppelempore erhöht und schließlich mit ei­nem selbständig gegründeten Turm auf der Ostseite abgeschlossen. Diesmal betrugen die Baukosten ein Vielfaches der früheren: „784 Gulden 12 1/2 Kreuzer haben, als nach vorher geführter reifer und umständiger Beratschlagung das alte Kirchlein allhier, weilen es zu klein, eng und unbequem gewesen, 21 Schuhe erlängert, dann ein neuer Kirchthurn daran, in allem 42 Schuhe hoch, uffgeführet worden, auf Maurer-, Zimmerleute-, Schreiner-, Drechsler-, Schmied-, Nagler-, Schlosser-, Glaser- und Seiler-Arbeit, item vor hierzu gebrauchte Materia­lia, Fuhr-, Taglohn und anders bezahlt werden müssen, wie aus der hierüber besonders ge­führten Bau-Rechnung über alle Posten specifice anliegend mehrers zu ersehen." Leider nicht, muß man sagen, auch sie ist nicht mehr vorhanden wie überhaupt der größteTeil der Gotteshausrechnungen von 1682 bis 1754.

Aber wir wissen auch so, was noch fehlte und erst später ergänzt worden ist. So richtet man erst 1735 die Turmsakristei ein, nachdem der Maurer Züll ein „Creuzgewelb" dahinein einge­baut hatte, und rückt „Chor-Gesimms" (so wurde die Chorstufe genannt), Altartisch und Tauf­stein „förder" ins Schiff. Zugleich kam die erste, möglicherweise gebraucht erworbene Rein­hardshöfer Orgel auf die Empore. Sie muß bereits im Jahr zuvor bezahlt worden sein, denn 1735 erhielt der „Orgelmacher" Christian Meyer nur noch 2 Gulden „zu der Zeit, da die Orgel zum ersten Mal ist gestimmet und zusammengerichtet worden". 1744 verehrte jemand „auf den neuerbauten Altar" ein Tuch - merkwürdig wegen der Formulierung „neuerbaut". Und 1750 schnitzte ein uns leider nicht bekannter, geschickter Meister aus dem fränkischen Umland das intime Zweisäulenretabel, einen typisch lutherischen Kreuzigungsaltar mit ge­maltem Abendmahl in Akanthusrahmen als Predella. Am Fuß des Kreuzesstammes ist die Jah­reszahl aufgetragen. Wie Joh. Georg Rühl, der sich auf der ebenfalls gemalten Jerusalemer Landschaft hinter dem Kreuz auf einem Stein rechts unten nennt und sich am Altar in Herrn­neuses von 1751 als „Mahler in Wilhermsdorff" ausweist, dürfte unser Schnitzer dort seine Werkstatt betrieben haben, spielte doch Wilhermsdorf für die Umgegend während des gan­zen 18. Jahrhunderts die Rolle eines kunsthandwerklichen Zentrums. Auch hier wird es sei­nem Ruf gerecht. Wie unaufdringlich und doch intensiv wirkt dieses Altärchen auf den an­dächtigen Beschauer! Maria und Johannes, in zierlichen Formen und doch effektvoll in Szene gesetzt, bieten sich zur Projektion der eigenen Gefühle an. Die vier Engelsköpfe und das flat­ternde Putterpaar im Aufzug sind ein typisch barocker, Iebensbejahender Akzent. Man beach­te auch die fein abgestimmten Spiegeleffekte der imitierten kalt-todesgrünen Marmorflächen! Noch an diesem Ort ist dennoch Bewegung, bricht Leben durch die Oberfläche. Zeit und Ewigkeit - ein Blick nach draußen auf die Turmuhr: Die schönen Zifferblätter mit den Initialen des Landesherrn C(hristian) F(riedrich) C(arl Alexander) M(arkgraf) Z(u) B(randen­burg) - er war der Letzte aus der fränkischen Linie der Hohenzollern - wurden 1769 gemalt. In diesem Jahr hatte der Markgraf zu seinem Fürstentum Ansbach auch das Fürstentum Bay­reuth geerbt; im Bayreuthischen aber lag damals Reinhardshofen. Das Dekorative besorgte wohl zu „Naystadt der Lindner", der 1 Gulden 36 Kreuzer für „Zeicher zu übergulden" erhielt. Eines der beiden Zifferblätter mußte allerdings 1859 für 25 Gulden erneuert werden. Kirchturm und Langhaus waren in diesem Jahre auch wieder „angeweißt" worden. Mit dem Läutgeschoß des Turmes, das aus Fachwerk konstruiert ist, scheint es noch eine be­sondere Bewandtnis zu haben, die jedoch wegen der erwähnten Lücken im Rechnungsbe­stand nicht mehr zu erhellen ist. Nach einem Eintrag im Beerdigungsregister 1788 muß näm­lich am Kirchturm nach seiner Erbauung 1715 erneut, und zwar vor 1755, groß Hand angelegt worden sein, denn es heißt von dem 1713 geborenen und am 27. Mai 1788 gestorbenen Zim­mermann Thomas Gräßel: „Dieser half mit seinem altgewordenen Vater (der 1769 starb) den Thurn in Reinhardshofen heben und bauen."

 

Am Erscheinungsbild der Kirche wurde seitdem kaum mehr etwas verändert, wenn wir den 1831 erfolgten südlichen Sakristeianbau in Fachwerk mit Walmdach vergessen, der1978 wie­der verschwunden ist. Lediglich an hereinfallendem Licht fehlte es noch immer. 1840 wurden deshalb die einzigen drei größeren Fenster, die sich allein auf der Südseite befanden, nach unten hin verlängert. Die heutigen beiden Fenster auf der Nordseite entstanden 1857, zu­nächst in der Form, daß sie jeweils durch einen Fenstersturz in Höhe des zweiten Emporenbo­dens etwa halbiert waren.
1794 wurde eine alte Orgel mit 10 Registern zu Gerhardshofen für 48 Gulden „erstrichen" und für weitere 130 Gulden instand gesetzt. Die Vorgängerin wollte niemand mehr haben; sie wan­derte schließlich 1810/11 auf den Kirchendachboden und ging zwischen 1817 und 1819, offen­bar ohne Erlös, alsGerümpel ab. Das neue Altertum tat noch über50 Jahre seinen Dienst, wur­de dann aber allmählich zu einem unerträglichen, jegliche Andacht wegpfeifenden Windjam­mer. Schließlich gelang es der Kirchengemeinde eine auf ihre Kosten zu beschaffende neue ein manualige Schleifladenorgel von 10 Registern staatlich genehmigt zu erhalten. Sie wurde um einen Akkord über 736 Gulden von dem angesehenen Orgelbaumeister Augustin Bittner in Nürnberg erbaut, von dem auch die kleine, aber gut klingende Orgel in Kästel stammt. Am Ostermontag 1849 wurde die neue Reinhardshöfer Orgel eingeweiht. Für das alte Instrument aus Gerhardshofen konnte Bittner noch 30 Gulden gutschreiben. Im Jahre 1924 erhielt die Bittner-Orgel einen neuen Prospekt durch die Orgelbaufirma Steinmeyer in Oettingen. Diese war es auch, die 1982 das Instrument restaurierte. Die Kosten hierfür beliefen sich auf 51.642 DM. Den Turmknopf mit dem Wetterhahn wollen wir ebenfalls nicht vergessen: Kupferschmie­demeister Fr. Neuschüg in Neustadtfertigte sie 1850 an. Beide blieben unvergoldet. Der Hahn kam auf 4 Gulden und 3 Kreuzer.

Auch der beiden Glocken ist zu gedenken, begleiten sie doch Tagesablauf und Lebensweg ei­nes jeden Reinhardshöfers mit ihrem Klang. Selbst ein ledernes Gemüt kann den Schwingun­gen nicht widerstehen, in die sie die Seele versetzen. Die ältere spricht von 'Läuterung': „Durchs Feuer bin ich geflossen, Johann Conrath Roth hat mich gegossen in Vorchheimb 1727." Die jüngere,1950 von Friedrich W. Schilling in Heidelberg gegossene schlägt Dein Ge­bet an: „Verleih uns Frieden gnädiglich, Herr Gott, zu unsern Zeiten." Die Summe: Es macht sich vielleicht nichtjeder klar, was die endlich glückliche Durchführung einer Kirchenrenovierung geistlich bedeutet. Manchmal führt sie heraus aus einem trostlosen Zustand. Mit fröstelndem Staunen liest Du die Klage des Pfarrers über seine Reinhardshöfer Kirche Anno 1895: „Der Gang... sowie der Raum um den Altar hat ein ganz schlechtes, ausge­tretenes Backsteinpflaster, auf dem man sich leicht übertreten kann. Unter den Frauenstühlen befindet sich nicht einmal ein Bretterboden, hin und wieder läuft durch die Kirchenthüre Was­ser in das Erdgeschoß der Kirche und bilden sich bei nachfolgender starker Kälte Eisflächen im Gange und unter den Frauenstühlen..." Wie?'Heulen und Zähneklappen' in der Kirche? Nun, die Kanzel, die Decke und die Emporen wurden 1896 neu gestrichen, die Wände mit einer Quaderimitation bemalt und vor allem der Fußboden gefliest und gebrettert - und der Ge­brauch des Kirchleins brachte von neuem Erbauung. Als 1951 sogar Elektrizität und warmes Licht in unser Schiff kamen, konnten auch abends andächtige Herzen erhellt werden. Umso ärger enttäuschte es, daß ein Ortsfremder im Jahr 1968 dies Kirchlein als eine „Gebetsscheu­ne" empfand, wo seiner Meinung nach „nur sehr geduldige Jünger Christi Andacht finden könnten". Recht hatte er: das Lob für Euch, den Tadel für andere! Im Wettlauf mit den Holzwür­mern, die man - wie glaubhaft versichert wird - während der Predigt nagen hörte, mußte aber noch zehn Jahre lang weitergebohrt werden. Dann endlich begann das Geld aus großen und kleinen Quellen zu fließen. Schließlich hat die „Würde" des Gemäuers und seines äußerlichen, durchaus vergänglichen Inhaltes - ohne die Orgel - 561.036 DM gekostet. Da steht das Ki­lianskirchlein in seinem neuen, aber eigentlich ganz alten Festgewand. Schlüpf auch Du hin­ein, dann gewinnt seine Würde Leben!

Die Dorflinde

I1 Die Dorflinde

Auf dem früheren „Schulberg", dem jetzigen hinteren Kirchplatz, siehst Du eine prächtige Lin­de heranwachsen. Es ist die Dorflinde! Anfang Mai 1955 ist sie am Platz einer Vorgängerin in Anwesenheit der gesamten Gemeinde und ihrer geistlichen weltlichen Spitzen, namentlich Pfarrer Nägelsbach und Bürgermeister Dietz, in feierlicher Weise gepflanzt worden. Die alte Linde war zur Ruine geworden und mußte 1953 beseitigt werden. Einst war sie ein mächtiger Baum gewesen, der zeitweise sogar ein Storchennest trug. Aus den seit 1582 lückenhaft er­haltenen Gemeinderechnungen ist zu ersehen, mit welcher Fürsorge diese Dorflinde gehegt und gepflegt worden war: 1680, als sie noch jung war, machten „etliche Gemeindsgenossen­... einen Zaun um die Linden". 1692 wurde sie von Zimmerleuten „mit Säulen und Balken ein­gebaut". Die Äste sollten sich auf Latten „auflegen können". Ein „Baumbutzer" aus Diespeck kam nun eigens alljährlich, um sie „auszubreiten" und „einzubinden". 1716 wurde die Linde wieder von Zimmerleuten „mit einem Kranz eingebaut". Ein Maurer bekam 3 Gulden für die Herstellung von mehreren Grundpfeilern unter der Linde, damit man die Säulen daraufsetzen konnte. Man benötigte für sie neun Eichen aus dem Stengach. 1717 wurde die Linde in der vo­rigen Weise neu eingebunden. 1731 erforderte dies bereits 5 V2 Tage und 100 Latten. 1737 wur­den „drei Geschwell unter die Linden" gelegt, 1745 diese erneuert, 1749 ein neuer Linden­kranz gefertigt. 1763 hatte der Zimmermann für „die Linden Stangen zu hauen". Damit verlas­sen wir den ehrwürdigen, bei Gelegenheit der Kirchenrenovierung 1982 wieder instandge­setzten Platz und blicken noch kurz hinüber auf das neue rote Kirchendach. Wer flog eben noch dort?

Der Storch

Meister Adebar veranlaßte schon 1568/69 die Kirchengemeinde, beinahe einen halben Gul­den beim Schmied zu lassen „von dem Storchsrad zu binden". 1603/04 war das Storchennest offenbar zunächst der Neuerrichtung des Dachreiters mit dem Glockenstuhl im Wege; es kam aber anschließend wieder aufs Kirchendach. 1613/14 hatte der Wind das „Storchsnest" abge­worfen; das neue verursachte Kosten in Höhe von 3/4 Gulden. 1619/20 wiederholte sich der Notfall. 1623/24 freute sich Leonhart Scheidtler so riesig darüber, daß „die Störch das Storchsnest wiederum bewohnen", daß er spontan dem Gotteshaus 25 Pfennige, mehr als den Tageslohn eines Handwerksmeisters, spendete, des gleichen im folgenden Jahr. Das Nest mußte auch hin und wiedergereinigt werden, wie 1630/31 belegt, „dormit die Störch das­selbe wiederum bewohnten". 1699 sehen wir Kirche und Dorf bei der Finanzierung des Orts­storchs einträchtig zusammenwirken, denn 16 Kreuzer „sind auf halben Anteil, bei Wiederauf­setzung eines Storchnests auf die Kirchen, verzehret worden, das Übrige hat die Gemeind ge­tragen". Die herannahende Kirchenrenovierung 1715 hat die Storchenfamilie wohl den Ansitz gekostet; die Gemeinderechnung 1713 verzeichnet: „12 Kreuzer wurden verzehrt, als man das Storchnest auf Hannß Heinrich Glaußen Köttlerische Scheuern gemacht." Da saß er nun!

Italo Bacigalupo – ehem. Pfarrer in Gutenstetten und Reinhardshofen